„25.10.2020 (English below) Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW begrüßt die gestern Nacht erfolgte 50. Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrages und fordert die deutsche Bundesregierung auf, dem UN-Vertrag nun beizutreten. Die Bundesregierung solle die US-Atomwaffen abziehen lassen und sich nicht länger an Atomkriegsübungen beteiligen – wie sie diese Woche bei der NATO-Übung Steadfast Noon in der Eifel stattfanden. In 90 Tagen – am 22. Januar 2021 – wird der Vertrag in Kraft treten und eine völkerrechtliche Lücke schließen. Denn Atomwaffen sind die einzigen Massenvernichtungswaffen, die keinem völkerrechtlich anerkannten ausnahmslosen Verbot unterlagen.“
Honduras muss die Stimme des Dresdner Oberbürgermeisters gehört haben. Denn der hatte nach langjährigem Drängen der Dresdner Friedensbewegung und vereinzelt auch aus der Lokalpolitik endlich am 21. September den ICAN Städteappell unterschrieben.
Am 24. Oktober unterschrieb Honduras als 50stes Land den Atomwaffensperrvertrag. Damit wird dieser Vertrag in 90 Tagen, also am 22.01.2021, internationales Recht. Wir sehen darin einen einen unschätzbaren Erfolg der weltweiten Friedensbewegung und der Atomwaffengegner.
Neben dem Erfolg erkennen wir dabei eine Richtschnur für die Aktivitäten in der Friedensarbeit: Unbeirrt von Rückschlägen, mit langem Atem. Erinnern wir uns noch einmal:
2007 versammelten sich Friedenskräfte aus aller Welt in Genf und einigten sich auf ein gemeinsames, konkretes Ziel. Nach dem Bekenntnis zum Ziel wurde die ICAN Bewegung im globalen Raum formiert und wuchs und wuchs. 2017 hatte die Bewegung soviel Kraft, um einen globalen Deal bei der UN zu erzwingen und seitdem liegt ein unterschriftsreifer Vertrag aus, der den Besitz, den Erwerb und die Weiterverbreitung von Atomwaffen untersagt. Bis zur Unterschrift des 50.Staates haben wir nun tagaus tagein bei jeder sich bietenden Gelegenheit für diesen Vertrag geworben und eine Breite erreicht, wie wir sie dann in Dresden gegenüber dem Oberbürgermeister für seinen Beitritt zum Städteappell demonstriert haben.
Was haben wir nun de facto gewonnen?
Atomwaffen sind ab Jan. nächsten Jahres inakzeptabel, illegal und völkerrechtlich zu ächten.
Ist dies nur ein symbolischer Erfolg, weil die Atommächte und die NATO-Staaten diesen Vertrag boykottieren? Nein, uns ist nun das Druckmittel in die Hand gegeben, mit dem wir diesen Boykott auflösen können. Dabei wissen wir eine überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung, 170 Bundestagsabgeordnete und etwa 540 Parlamentarier aller Ebenen mit uns, die sich öffentlich zum Verbot bekannt haben.
Also ist unser nächstes Etappenziel, die Bundesregierung aus dem Kreis der Verweigerer herauszubrechen. Es gibt wohl in der real existierenden parlamentarischen Demokratie kaum eine größere Chance etwas durchzusetzen als jetzt dieses Ziel in den Mittelpunkt des Wahlkampfes für die Bundestagswahl im Herbst 2021 zu stellen.
Finanzströme und juristische Entscheidungen, die bisher noch durch nationale oder europäische Gesetze gedeckt waren, werden nunmehr Verstöße gegen Völkerrecht. Völkerrecht ist ein weiches Recht, abhängig von der kollektiven Einschätzung der Bedrohungs- und Gefahrenlage. Die unterschiedlichen Standpunkte, die aus historischen Erfahrungen und gegenwärtigen Interessen sich zusammensetzen, müssen miteinander diskutiert, das gegenseitige Verständnis gesucht und Annäherung angestrebt werden. Beispielhaft nur zwei Standpunkte von Aktivisten dieses Atomverbotsvertrages:
Herr Hoffmann-Axthelm, ein Mitinitiator von ICAN Deutschland, äußerte im mdr-Interview am 26.10.20: „Deutsche Atomwaffen sind symbolisch, können ohnehin nicht eingesetzt werden, weil es nicht glaubwürdig ist, dass damit die Alliierten in Osteuropa verteidigt würden. Wenn man solidarisch sein wollte, mit dem Baltikum, Polen, die eine Sicherheitsbedrohung im aggressiven Verhalten von Rußland sehen, dann muss man auf konventionelle Waffen setzen und nicht auf Atomwaffen, die ohnehin nicht eingesetzt werden. Rußland lässt sich nicht abschrecken mit Waffen, die in Büchel nur symbolisch lagern und uns nur zum Angriffsziel machen.“
Dr. Lars Pohlmeier, IPPNW-Vorstandsmitglied: „Die Doktrin der nuklearen Abschreckung ist eine trügerische Ideologie, die unser aller Leben gefährdet. Sie ist nicht nur zutiefst unmoralisch und unethisch, sie ist künftig auch illegal und völkerrechtswidrig.“ Die Ärzteorganisation ist Teil von ICAN. Sie argumentiert: „Derweil drängen die USA diejenigen Länder, die den UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen ratifiziert haben, ihre Unterstützung zurückzuziehen…. Neun Atomwaffenstaaten, 30 atomar abhängige NATO-Staaten – darunter Deutschland – sowie Australien, Japan und Südkorea weigern sich, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Ihre strikte Ablehnung des Atomwaffenverbots und der Druck, den sie auf andere Staaten ausüben, zeigt, dass der Vertrag wirkt. Er stigmatisiert Atomwaffen und stellt die Atomwaffenstaaten auf die falsche Seite der Geschichte. Der größte Vermögensfonds der Welt, große Banken und Pensionsfonds haben sich bereits von Unternehmen getrennt, die Atomwaffen herstellen.“
(Die englische Übersetzung ist in Arbeit.)