Die Friedensinitiative Dresden und weitere Friedensorganisationen der sächsischen Zivilgesellschaft arbeiten an einem deutschlandweiten Projekt „Sicherheit neu denken“. Ziel dieses Vorhabens ist es, bis 2050 nicht nur eine klimaneutrale Welt sondern auch eine Welt der zivilen Konfliktbewältigung zu erreichen. Dem stehen die Schaffung immer neuer Feindbilder und die damit einhergehenden Völkerrechtsverletzungen der USA im Bunde mit der NATO entgegen. Dagegen wehren wir uns, so ganz entschieden gegen das US/NATO Manöver Europe 2020, das von Februar bis Mai dieses Jahres auch unser Land überrollt. Von den Regierenden unseres Landes und der Europäischen Union werden unsere Einsprüche und Bedenken nicht gehört. Deshalb hat unser Friedensbündnis, das mehr als 500 Bürger Sachsens aktiv unterstützen, einen offenen Brief an den Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, verfasst. Darin wird er für jetzt und die nächste Zukunft gebeten, eine Sicherheitspolitik fortzuführen, die
„Das Schlimmste verhindern“
sollte. Das Schreiben wurde am 18.02.2020 dem Presidential Directorate for Correspondence from Citizens and Organisations in deutscher und russischer Sprache übergeben.
Im Schreiben lehnen die dem Frieden verpflichteten Bürger Sachsen entschieden die deutsche Unterstützung von Großmanövern wie Defender Europe 2020 ab und entschuldigen sich für die damit verbundenen Provokationen an der russischen Grenze. Den Teilen der Zivilgesellschaft, die die Ursachen für Kriege und Militarisierung analysieren und die Hauptverantwortlichen benennen, wird In der Bunderepublik Deutschland weitestgehend Öffentlichkeit verwehrt. Deshalb wird der direkte Kontakt zu denjenigen gesucht, die für eine Verbesserung der Sicherheitsarchitektur in Europa bisher konstruktive Angebote unterbreitet haben. So wird im Schreiben an Präsident Putin zum Ausdruck gebracht: „ … – solange trotz aller Provokationen die Möglichkeit besteht, das Schlimmste zu verhindern, sollten Sie und die Friedenskräfte der Welt alles in die Waagschale werfen, um die Kriegsgefahr zu begrenzen. Denn im Ernstfall wären es auch gute Freunde Russlands, die im Gefecht getroffen bzw. vernichtet würden.“.
Wortlaut der Briefe (deutsch, russisch, englisch): https://www.friedendresden.de/blog/
Offener Brief: Das Schlimmste verhindern
Sehr geehrter Herr Präsident!
Wir sind deutsche Staatsbürger, die die Nachkriegszeit mehrheitlich im östlichen Teil Deutschlands gelebt haben und für die die Verbundenheit und Freundschaft mit der Sowjetunion nicht nur ein Lippenbekenntnis war. Nichts ersehnten wir mehr, als das Zusammenleben der Völker und das Leben in unserem eigenen Land in Frieden und Solidarität.
Auch wenn es bei uns zur Person von Michael Gorbatschow unterschiedliche Positionen gibt, so kann man ihm historische Verdienste nicht absprechen. Besonders hat er der gesamten Welt die Möglichkeit eröffnet, sich als friedliche Völkerfamilie auf unserem kostbaren Planeten zu finden. Nach der Befreiung Deutschlands und Europas vom Faschismus war das eine weitere historische Chance für die Weltgemeinschaft, die von der Sowjetunion durch Opferbereitschaft und einseitigen Vertrauensvorschuss ermöglicht wurde. Dies wurde vom Westen weder 1945, noch 1990 und schon gleich gar nicht heute honoriert.
Die Friedenskräfte in Deutschland verfügen über eine klare Analyse. Wir erfassen sehr genau, welche Regierungen und Strukturen sich aktiv für Frieden und Abrüstung einsetzen und welche nicht.Tagtäglich werden durch Vorherrschaftskämpfe in unserer imperialen Welt – voran erneut die USA-Administration mit ihrem militärisch-industrieller Komplex – neue Konfliktherde erzeugt. Im Namen ihres als Demokratie und Freiheit getarnten Weltherrschaftsanspruches greifen und mischen sie sich ein. Nachweislich erzeugen sie eine ständig zunehmende Destabilisierung der Welt. Möglich wird das durch die Nichteinhaltung, Missachtung und Umdeutung der Verträge aus der Zeit der gutnachbarlichen Beziehungen. Wir sind beschämt darüber, dass sich unsere Regierung an der interessengeleiteten Fehldeutung völkerrechtlicher Abkommen wie dem 2+4 Vertrag und der NATO-Russland Grundakte beteiligt. Der Leitgedanke dieser umfassenden völkerrechtlichen Verpflichtungen sowie des UNO Gewaltverbotes wird im Dienste der Militarisierung und der globalen Ziele der USA aufgeweicht und unwirksam gemacht.
Gegenwärtig ist unser ganzes Land und auch unsere sächsische Heimat Drehscheibe für das Manöver DEFENDER-Europe 20. Unser Verteidigungsministerium sagt dazu:
„Die Übung findet in voller Übereinstimmung mit den Bestimmungen des internationalen Rechts und den Rüstungskontrollverträgen statt. Deutschland legt Wert darauf, dass die eingegangenen Verpflichtungen in der Rüstungskontrolle, Abrüstung und bei vertrauens-und sicherheitsbildenden Maßnahmen vollständig erfüllt werden.“ Eine ständig wachsende Zahl von Friedenskräften protestiert gegen diese bewusste Irreführung. Sie möchte keine weitere Militarisierung der Wirtschaft, des täglichen Lebens und des Denkens der Menschen.
Im Gegensatz zu den Sonntagsreden über die großen Möglichkeiten der Zivilgesellschaft in Deutschland wird die Friedensbewegung in Wirklichkeit verunglimpft und totgeschwiegen. Unser Ringen um Frieden beschränkt sich nicht auf Proteste gegen Kriegstreiberei. Wir wollen zu einer neuen Friedensordnung in der Welt beitragen, indem wir Wege suchen, durch zivile Mittel zur Entmilitarisierung zu gelangen.
Gerade in Dresden haben wir uns sehr ausführlich mit der Erklärung des Chefs des Generalstabes der Streitkräfte Russlands, Wladimir Gerassimow, vom 02. März 2019 und Ihrer Rede auf der Kollegiumstagung des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation am 24.Dezember 2019 in Moskau, zu den Schlüsselaufgaben für die Streitkräfte beschäftigt. Wir erkennen in Ihren Ausführungen realistische Ansätze für eine Rückkehr zu Entspannung und eine langfristig angelegte Sicherheitsarchitektur in Europa.
Wir verstehen sehr gut, dass die Sicherheit Russlands in Ihrer Arbeit den Vorrang hat. Dennoch – und das ist der Grund unseres Schreibens an Sie – solange trotz aller Provokationen die Möglichkeit besteht, das Schlimmste zu verhindern, sollten Sie und die Friedenskräfte der Welt alles in die Waagschale werfen, um die Kriegsgefahr zu begrenzen. Denn im Ernstfall wären es auch gute Freunde Russlands, die im Gefecht getroffen bzw. vernichtet würden.
Sehr geehrter Herr Präsident!
Welche Erwartungen sollten aus Ihrer Sicht die Friedensinitiativen und Freundschaftsbündnisse in Deutschland erfüllen, um Ihr verantwortungsbewusstes Handeln bestmöglich zu unterstützen?
Mit Hochachtung und Anerkennung für Ihre Aufmerksamkeit
Mitglieder der Friedensinitiative Dresden und ostdeutscher Friedensorganisationen
In deren Auftrag
Eberhard König
Offener Brief Das Schlimmste verhindern Übersetzung ins Russisch